Profil
Friedrich-Martin Balzer
Lehrer - Sachbuchautor - Herausgeber

Geboren 1940 in Iserlohn in Westfalen in finsteren Zeiten: Kriegskind in Kellern und Luftschutzbunkern bis 16. April 1945. Der Vierjährige erlebte sodann die Kirschenblüte befreit von der Herrschaft des Bösen.

Manchmal, im Schlaf, bedrängen ihn noch heute Hilferufe Zerbombter.

1951 Schüler am Märkischen Gymnasium in Iserlohn: Wiederverwendete Nazilehrer hatten sich smartestens in die nur scheinbar entbräunte, antidemokratische Restaurationsgesellschaft eingepaßt. Die Abiturentlassungsrede 1960 brachte schon studentenbewegte Topoi. Das Abiturfoto mit Abzeichen vom ersten Ostermarsch im Revier.

Seitdem will Theorie und Praxis in Übereinstimmung gebracht werden als das scheinbar Einfache, das so schwer zu leisten ist.
Als Schüler Zeitungsausträger. Später werkstudentische Arbeit in Nadel- und Papierfabriken und im Garten(bau). Kellner und Nachtportier im Hotel, in dem ein Nazi-Massenmörder zu bedienen war: ungebändigter Haß und rote Wut. Auch sie war als konkreter Zorn produktiv wirksam zu machen durch Liebe: zum Theater und Theaterspielen (Lessing, Dürrenmatt), zu Brecht, zu englischer Literatur. Seit 1957 vier Dutzend Mal auf der britischen Insel: In London 1961 Begegnung mit Todja-Tartschoff-Newman - seine Familie wurde in Auschwitz ins Mordgas geschickt...

Studium: Anglistik, Germanistik, wissenschaftliche Politik. 1961 Einladung Robert Neumanns nach Marburg. Audimaxvortrag „Was geht uns Eichmann an?“ Es blieb, auch im Dialog mit bald beidseitig Eingemauerten im zweiten deutschen Staat, bis heute aktuell. Dazu kam, als familiäres Thema, „Protestantismus und Faschismus“. Wolfgang Abendroth ermutigte die wissenschaftliche Aufarbeitung. 1966 Beginn der Vorarbeiten zur Promotion „Klassengegensätze in der Kirche. Erwin Eckert und der Bund der religiösen Sozialisten“ (1973 als Buch, seitdem drei Auflagen).

Studentenpolitisches Engagement: zunächst korporiert, dann humanistisch, schließlich seit 1965 im SDS. Kampf gegen Notstandsgesetze. 1967 Arbeitsgemeinschaft Sozialistische Opposition (ASO). Frankfurter Notstandskongreß. Sternmarsch nach Bonn („Benda - wir kommen“). Berliner Vietnamkongreß, Februar 1968. Seitdem, bis heute, viele Ostermärsche und Demonstrationen.
Erstes Staatsexamen 1967 in Marburg. Bis 1997 Lehrer am Landschulheim Steinmühle: Englisch, Geschichte, Gemeinschafts-, Sozial- und Rechtskunde. Ab 1977 Oberstufenleiter.

Gründungsmitglied/Sprecher der Friedensinitiative Marburger Forum 1981-1994.

Es bleibt erfahrungsgesättigtes Engagement, seit 16. April 1945 Licht ins Dunkel brachte: Entscheidend nicht die Gewissheit des Bösen im NS-Faschismus. Vielmehr die Einsicht in Bedingungen, die ihn hervorbrachten und in die, die ihn verhindern (können). Dabei gewonnene Überzeugungen helfen, Widrigkeiten stand- und Niederlagen auszuhalten. Alles Bestehende ist veränderbar auch im Wissen, „wie tief und furchtbar die äußeren Mächte in den Menschen hineingreifen können, bis in sein Innerstes“ Dort jedoch gibt es etwas, was „unangreifbar [ist] und unverletzbar“ (Anna Seghers).

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